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Typ 190 - ein Kürzel mit Tradition

Die Nachkriegszeit bei Daimler-Benz hatte mit der Produktion des Vorkriegsmodells 170V im Mai 1946 begonnen. Knapp acht Jahre später, Adenauer-Mercedes und 300S Cabriolet hatten bereits das Deutsche Wirtschaftswunder begleitet - wurde auch auf Anregung des USA-Importeurs in New York ein kleiner Roadster, aufbauend auf dem neuen Ponton-180er, vorgestellt:

Der 190SL  (1955-1963)

Ausgerüstet mit einem brandneuen 1,9l-Doppel-Vergaser-Vierzylindermotor M121 mit Hängeventilen; Leistung 105 PS.  Dieser Wagen, 1955 und damit zwei Jahre vor der Roadster-Version des 300SL in Produktion gegangen brachte es am Ende in gut acht Jahren (als Roadster und Coupé) auf einen Absatz von über 25.000 Stück.

Die 190er "Ponton"  (1956-1961)

Der besagten Ponton-Reihe (W120, Typen 180 und 180D ab 1953/54) stellte man schon ab März 1956 eine quasi deluxe-Variante dazu, die (bei gleicher Karosserie und Fahrwerk) den 1897ccm-75PS-Vergasermotor M121 des 190SL und (wichtig!!) eine umlaufende Chromleiste erhielt und Baureihe W121 getauft wurde: der erste 190  stand an der Verkaufsfront.  Ab August 1958 gesellte sich der erste  190D  hinzu:  ein Vertreter mit kurzhubigem neuen Dieselmotor OM621 (vom 190SL-Motor abgeleitet) dessen Maschine bei ebenfalls 1897ccm immerhin 50PS bei 4000/min leistete und 126km/h zu erreichen wusste. Jeweils über 80.000 Exemplare konnten verkauft werden,

190  (1956-1959)

wobei es bereits im Juli 1959 eine größere Modellpflege (Kühler, Rückleuchten, Stoßstangen - ohne Preiserhöhung!!!) gegeben hatte, die zu den internen Kürzeln 190b (durch gesteigerte Verdichtung nun 80PS) und 190Db geführt hatte.

190D Ponton  (1958-1959)

190b  (1959-1961)

 

Die 190er  "Kleine Heckflosse"  (1961-1965)

Im Jahr 1961 löste die "kleine Heckflosse" W110 die Ponton-Mercedes ab: der neue 190 (190c) hatte einen neuen Vergaser (was ihn 150km/h schnell machte) und galt noch jahrzehnte als ausgewogenster Daimler-Vierzylinder mit einem Optimum an Geräumigkeit, Leistung und Wirtschaftlichkeit. 
Die Diesel-Variante 190D (intern 190Dc) verdankte ihre  5 Mehr-PS u.a. einer 2mm größeren Bohrung was bei 1988ccm eigentlich eine neue Typenbezeichnung gerechtfertigt hätte - der "Fehler" wurde bei der Modellpflege im August 1965 korrigiert: kleine Verbesserungen (fünffach gelagerte Kurbelwelle, neue Nebel-Blinkerkombination) gestanden der Reihe die Modellschilder 200D und 200 (hier nun analoge Hubraumerhöhung) zu.

190c

190Dc  [2.0]

Damit verschied im Sommer 1965 die erste "Mercedes-190-Ära" - bekanntlich sollte es über 17 Jahre bis zu einer Wiederbesetzung der Ziffernfolge dauern...

Baureihe  Typ  -   Bauzeit / Stückzahl 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80 82 84 86 88 90 92 94 96 98 00 02 04 06
W121 190SL  (2 Register-Flachstromvergaser) 105PS 25.881
W121 190  (1 Register-Fallstromvergaser)  75PS 61.345
190D   (Vorkammer-Saugdiesel)  50PS  

20.629

190b   (1 Register-Fallstromvergaser)  80PS  

28.463

190Db   (Vorkammer-Saugdiesel)  50PS  

61.309

W110 190c     (1 Fallstromvergaser)  80PS 130.554
190Dc   (Vorkammer-Saugdiesel)  55PS  2.0l 225.645
W201 190 Vergaser  (90-105PS)  2.0l 118.561
190 Einspritzer  (109-136PS)  1.8-2.3l 998.144
190 Sechzehnventiler (170-235PS)  2.3-2.5l 26.234
190 Sechszylinder  (160-234PS) 2.6-3.2l 104.907
190 Diesel  (72-126PS)  2.0-2.5l 631.738
W168 A190  (Vierzylinder-Einspritzer)  125PS

...

Rennen und Diesel vertragen sich übrigens schon sehr lange:  mit einem Ponton-190D gewannen Karl Kling / Rainer Günzler Anfang 1959 die Transafrika-Rallye Algier-Kapstadt mit einem km/h-Durchschnitt von 80,6 bei einem Verbrauch von 9,2l Diesel und 0,5l Öl je 100km!
Die damaligen Verbräuche (ams-Test des ersten 190D:  7,6l / 100km) konnten sich auch zu W201-Zeiten sehen lassen - bei fast gleichem Leergewicht...

An dieser Stelle sei einer kuriosen Modellvariante erinnert: dem einzigen MB-Pkw mit Einer-Ziffer, dem Mercedes 219 (W105).  Er war ein typischer Vertreter der seinerzeitigen Baukasten-Euphorie und entstanden indem man schon 1956 aus dem ersten Ponton-190 durch Implantieren des Sechszylindermotors aus dem 220S (ein chromverzierter Höhepunkt der Ponton-Zeit mit 100-106 Register-Vergaser-PS) eine Zwitterlimousine schuf, die -ansaugseitig auf 85-90PS gedrosselt- 16% günstiger als der 220S zu haben war, mit ihrer unglücklichen Modellbezeichnung aber kein großer Verkaufserfolg beschieden war. 

Nach Lkw-Grundsätzen hätte dieses Kürzel -GesGew 2t bei gerundet 190PS dem 280E von 1972 zugestanden ;-)
(Jahrzehnte später verkauft sich ein anderes Konzernbaby, der Airbus A319 als kleiner Bruder des A320 umso prächtiger...)
Sicher wurde zu W201-Zeiten keine Sekunde daran gedacht, den Spar-1.8er 189 zu nennen oder den 190E 2.6 als 259 E zu bezeichnen...

 

Der A190  (1999-2004)

Nachdem im Sommer 1993 der letzte 190er in den Export gegangen war, gab es längere Zeit keinen Bedarf für 190er-Typen; bekanntlich ging die Nomenklaturumstellung (C180, S420 etc.) zunächst einher mit einer Hubraum-"Wahrheit und Klarheit".
Die 1997 mit einem Paukenschlag gestartete innovative A-Klasse verlangte bald nach stärkeren Motoren; so wurde aus der Benzin-Motor-Familie M166 (1.4 und 1.6) durch größere Bohrung und Hub ein 1.9l-Derivat abgeleitet, das 92kW / 180Nm bietet.
Da somit nach 35 Jahren wieder ein "echter" Mercedes-1,9l-Benzinmotor verfügbar war, zumal in einfacher Zweiventilversion, lohnt ein kurzer Vergleich der Generationen:
190SL (W121)
1955
190c (W110)
1965
A190 (W168)
2000
Hubraum ccm 1897 1897 1898
Gemischbildung 2 Fallstromverg.   Fallstromvergaser   elektron. Einspr. 
Bohrung / Hub (mm) 85 / 83,6 85 / 83,6 84 / 85,6
Verdichtung 8,5 8,7 10,8
PS bei 1/min 105 (5700) 80 (5000) 125 (5500)
Nm bei 1/min 142 (3200) 142 (2500) 180 (4000)
Leermasse (kg) 1160 1250  1155
Verbrauch  l/100km 8,6 10,8 7,7
v max (km/h) 175 148 198


Quelle u.a.: Heribert Hofner "Vom 190SL zum 300SEL (1953-1971)"
Bilder-Copyright u.a. bei DaimlerChrysler AG (eigene Nachbearbeitung).